Von Jules (Text) und Hans-Jürgen (Text und Fotos)
[jul] Der Herbststurm fegte über das Ruhrgebiet, als sich am Donnerstagabend die Türen des Helvete in Oberhausen öffneten. Drinnen glomm warmes Licht über den Backsteinwänden, draußen prasselte der Regen – ein Kontrast, wie gemacht für einen Abend zwischen Schwere und Schönheit. Nur ein Dutzend Leute hatten den Weg hierher gefunden, viel zu wenige für das, was folgen sollte. Wer zuhause blieb, ahnte nicht, dass sich in diesem kleinen Club einer jener Abende formte, in denen Musik nicht bloß gespielt, sondern gelebt wird – roh, ehrlich, unverstellt.
SARKH eröffneten den Abend – und zwar mit jener Westerwälder Ruhe, die sie als Band besonders macht. Obwohl sie schon „eine ordentliche Portion selbstverliebt“ seien, wie Ralph (Gitarre) später trocken anmerkte, stamme ihre Energie aus dem Vertrauen in den eigenen Sound. Und genau so klang der Abend auch: ehrlich, geerdet, aus Freude am eigenen Tun. Ob da fünfzehn oder zweitausend Leute stehen, sei am Ende egal. Der Soundcheck war in fünf Minuten durch – alles total unkompliziert und stressfrei. Kein Wunder, zaubert Falko (Bass) doch auch regelmäßig bei Konzerten den Sound für andere Bands herbei – Profi eben.
Ich hatte die Band später noch gefragt, wie sich der Unterschied anfühlt – zwischen einem Festival wie dem Freak Valley und einem kleinen Clubabend wie im Helvete. Ralph beschrieb den Tag ein bisschen wie Klassenfahrt: Man albert im Auto herum, hat Spaß in der Gruppe – okay, man steckt alles selbst, schleppt, schwitzt – aber genau das mache es aus. Es gehe nicht nur ums Spielen, sondern um die Begegnung: mit den Leuten, die kommen, weil sie wirklich Musik hören wollen, und mit Bands wie COLTAINE, die denselben Weg teilen. In so einem Laden wie dem Helvete, wo man sofort beim Reingehen weiß, dass man willkommen ist, entsteht diese besondere Wärme. Kein Glamour, kein Abstand – einfach Menschen, die denselben Puls fühlen.
Und ohne viel Schnörkel und Worte ging es dann auch los mit dem Set von der im Juli bei Worst Bassist Records erschienenen und unmissverständlich post-rock-orientierten LP „Heretical Bastard“. Zyklon – schwer, weit, doch nie erdrückend. Helios – organisch fließend. Glazial – majestätisch und raumgreifend. Kanagawa – pulsierend wie eine ferne Strömung. Mit den neuen Songs Autumn to June und Cape Wrath endete ihr Set in kathartischer Wucht. Trotz der kleinen Runde im Publikum spielte das Trio, als stünde es – wie beim Freak Valley Festival – vor Hunderten: konzentriert, präzise, voller Hingabe. Von mir aus hätten sie das komplette „Kaskade“ (2020) Set auch noch spielen können. Aber Johannes (Drums), der energetisch alles tight zusammenhielt, moderierte trocken ab mit: „Sie hätten jetzt fertig.“ Flugs wurde die Bühne an COLTAINE übergeben.



[hjs] COLTAINE fingen Punkt 19:45 mit dem Stück an, welches meines Erachtens der amtliche Opener für die Show ist – Stille Wasser. Hier wird Spannung aufgebaut, es kribbelt. Der Bogen wird mit dem anschließenden Maelstrom noch weiter gespannt, es kommt zum ersten Epos des Abends, Mogila. Julias Stimme klingt düster, wütend, verzweifelt und legt sich über die fast schon zart anmutenden Melodien bevor sie selber aufklart und uns zeigt welch großer Umfang in ihr steckt. Benedikt [b] und Moritz [guit] scheinen während des Konzertes in einer eigenen Welt gefangen zu sein, während Amin [dr] alles zusammenhält und auch bei Wirbelwind selber zur Gitarre greift. Die Band versteht es sehr gut, die Stücke in einer sehr spannenden Reihenfolge zu spielen. Es gibt einen stetigen Wechsel zwischen den zwei bereits erschienen Alben Forgotten Ways und Brandung. Mit meinem derzeitigen Lieblingsstück Above The Burning Sand wurde das letzte Drittel eingeläutet, das uns auch noch das WITCHFUCKER Cover (Grüße an Benedikt und Moritz) Verlust und das großartige Gorit zum Schluss bescherte.




Vielleicht war es kein großer Abend im Sinne von Reichweite, aber einer von jenen seltenen, die gerade deshalb Bedeutung haben – weil sie echt waren. Und ein weiterer Beweis dafür, warum wir das tun: rausgehen, zuhören, fotografieren, aufschreiben. Um festzuhalten, was sonst niemand bemerkt hätte – diesen kurzen Moment, in dem Menschen dieselbe Frequenz teilen.
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